Resolution der FAFCE-Mitgliederversammlung
Murcia, den 4. Mai 2023
Die Krise der Einsamkeit in Zeiten des digitalen Wandels: Familiennetzwerke als Motorder Veränderung
Im gegenwärtigen Kontext des digitalen, ökologischen und demografischen Wandels ruft die Föderation der katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, Familiennetzwerke als Motor der Veränderung anzusehen. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf dem Recht auf Nichterreichbarkeit für arbeitende Eltern liegen sowie auf der digitalen Bildung von Kindern und ihrem Schutz vor schädlichen Inhalten im Internet.
In Erinnerung an das Subsidiaritätsprinzip und die Rolle der Eltern als Erstverantwortliche für die Bildung ihrer Kinder gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Artikel 5 der UN-Kinderrechtskonvention;
in Erinnerung an ihre Resolution zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere ihren Beitrag zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) zu den „Herausforderungen der Telearbeit: Arbeitszeitgestaltung, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und Recht auf Nichterreichbarkeit“;
in Erinnerung an die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Bildung aller Menschen, die in der Enzyklika „Laudato Si‘“ (2015) und in der Resolution der Herbstmitgliederversammlung der FAFCE von 2021 zum Thema „Familien für eine nachhaltige und ganzheitliche Entwicklung“ betont wird;
in Erinnerung an ihre europäische Konferenz zu den „Herausforderungen und Gefahren, wenn Kinder im digitalen Zeitalter mit expliziten sexuellen Inhalten in Berührung kommen“, die am 8. November 2022 stattfand;
in Erinnerung an die Resolution der Frühlingsmitgliederversammlung der FAFCE zum Thema „Familien und Familienverbände sind Friedensstifter“, die „Entscheidungsträgerermutigt, die Erfahrungen von Familienverbänden und Familien in ihrem täglichen Beitrag zu friedlichen Gemeinschaften zu nutzen und zu unterstützen“;
in Erinnerung an das Apostolische Schreiben „Familiaris consortio“ (1981), das Familien dazu aufruft, sich „immer mehr bewusst [zu] werden, dass in erster Linie sie selbst im Bereich der sogenannten Familienpolitik die Initiative ergreifen müssen und […] Verantwortung für die Veränderung der Gesellschaft übernehmen sollen“,
hält die Föderation der katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) fest:
Wir begrüßen den erwarteten umfassenden Ansatz der Europäischen Kommission beimThema psychische Gesundheit im Jahr 2023. Nicht ignoriert werden sollte dabei die Krise der Einsamkeit, die unsere Gesellschaften erleben.
Wir stellen fest, dass in diesem Zusammenhang die in den letzten Jahren erfolgte schnelle Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz sowie der Informations- und Kommunikationstechnologien eine Rolle spielt – als Problem, aber auch als Chance.
Wir betonen, dass der Zweck digitaler Technologien darin besteht, Werkzeuge der Kommunikation zu sein. Sie sind niemals Selbstzweck. „Die digitale Vernetzung genügt nicht, um Brücken zu bauen; sie ist nicht in der Lage, die Menschheit zu vereinen“ (Fratelli Tutti, 2020).
Wir erinnern an die Bedeutung der Familie bei der digitalen Bildung: Das Reale vom Virtuellen und den Gegenstand von seinem Abbild zu unterscheiden, ist ein Lernprozess, der das kritische Denken trainiert und zur Entdeckung der Komplexität der Welt führt.
Wir bekräftigen, dass es wichtig ist, die emotionale Gesundheit und die Sozialisation von Kindern vor den negativen Auswirkungen des Distanzunterrichts und der zunehmenden Verlagerung des Lebens in die virtuelle Welt zu schützen. Wir erkennen an, dass die Technologie einerseits viele Vorteile bieten, aber andererseits auch die Entwicklung wichtiger Fähigkeiten im Hinblick auf zwischenmenschliche Kommunikation und Sozialisation behindern kann.
Wir bedauern, dass es keine effektiven rechtlichen Instrumente gibt, um zu verhindern, dass Kinder Zugang zu Online-Pornografie erhalten, und betonen deren verheerende Konsequenzen auf individueller, familiärer und gesellschaftlicher Ebene.
Wir erinnern daran, dass „Netzwerke von Familien, in Kooperation mit Schulen und örtlichen Gemeinschaften, eine wesentliche Rolle dabei spielen, diese Pandemie zu verhindern und zu bekämpfen und diejenigen zu heilen, die im Strudel der Sucht gefangen sind“ (Papst Franziskus, Audienz anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der FAFCE, 2022).
Die Föderation der katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) ruft die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten auf:
- die Rolle von Familiennetzwerken und -verbänden, gemeinsam mit Schulen und allen, die informelle Sorgearbeit leisten, als Partner bei der Entwicklung einer Europäischen Strategie zur psychischen Gesundheit anzuerkennen.
- ein Recht auf Nichterreichbarkeit anzuerkennen, insbesondere für Eltern zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
- einen arbeitsfreien Sonntag einzurichten und eine „offline“-Erholungszeit zu fördern, die den sozialen Kontakten und der Sozialisation innerhalb der Familien dient.
- die Bereitstellung angemessener Ressourcen und politischer Maßnahmen zu priorisieren, die einen ausgewogenen Einsatz von Technologie fördern und die Möglichkeiten von Kindern unterstützen, im direkten Kontakt mit anderen Menschen sozialisiert zu werden.
- Familien, Eltern und pädagogische Fachkräfte zu befähigen, Kindern beizubringen, wie sie digitale Tools im Hinblick auf ihre psychische Gesundheit und ganzheitliche Entwicklung angemessen verwenden können. Dazu sind unter anderem Angebote der Familienbildung und -beratung für Eltern erforderlich.
- sicherzustellen, dass das rechtliche Verbot des Zugangs von Kindern zu Online-Pornografie effektiv umgesetzt wird, und Präventionsprogramme durchzuführen, die das zunehmende Problem angehen, dass Kinder selbst sexuell explizite Inhalte erstellen.
- Online-Pornografie als ein Problem der öffentlichen Gesundheit anzusehen und Programme aktiv zu unterstützen, die ein Problembewusstsein schaffen.
- Kunst und Kreativität einzusetzen, um Familien zu feiern und Einsamkeit zu bekämpfen.
Unsere Föderation fordert dazu auf, den Menschen ins Zentrum des digitalen Wandels zu stellen – mit besonderem Augenmerk auf die ganzheitliche Entwicklung von Kindern und in Anerkennung der Erstverantwortung der Familien für die Kindererziehung und der besonderen Verantwortung von Familienverbänden.